Wie mich ein Frosch Entspannung lehrte
In einem Augenblick innerer Zerrissenheit (ich war gerade zickig und hasste mich dafür) flüchtete ich mich mit der Absicht 'mich wieder einzukriegen' an einen mit Regenwasser gefüllten Swimmingpool. Dort saß ich, förmlich in Emotionen und Gedanken wabernd, und ließ die gerade erfahrene Situation wie ein Theaterstück an mir vorüberziehen. Alle meine 'Register' für Schuld, Scham, 'falsch' und peinlich sind bedient worden und ich wollte meine Perspektive ändern, mich vor mir selbst entschulden, damit mein Körper sich wieder entkrampfen und ich wieder 'normal' Atmen könnte. Also machte ich mir folgendes bewusst:
Jedes authentische Reagieren hat dem Gegenüber genau das gegeben, wonach er/sie unbewusst verlangte, es ist wie wenn ein Stecker seine Steckdose/Steckplatz einnimmt. Es ist wirklich gleichwertig, ob diese Reaktion nett oder negativ ist - mein Gegenüber hat mich unbewusst dazu aufgefordert! Das bedeutet im Umkehrschluss: mit dem Zurückhalten meiner z.B. negativen Re-aktion, enthalte ich meinem Mitmenschen eine wichtige Erfahrung vor, die er/sie und ich für die Klarheit hätte nutzen können. Dadurch 'erhebe ich mich über meinen Mitmenschen' und gelange somit selbst aus dem Gleichgewicht der Liebe, denn ich habe meine zu erbringende Reaktion blitzschnell bewertet und deshalb unterdrückt. Damit habe ich mich (meinen authentischen Selbstausdruck) verletzt und mein System (hier speziell den Emotional- und Mentalkörper) somit für Verletzung geöffnet (um mir diese, mir selbst zugefügte Verletzung aufzuzeigen) und in diesem Augenblick unbewusst nach außen gesendet (Aktion). Nun verlange ich also selbst im Außen nach einer negativen Re-aktion, um mir klar aufzuzeigen wie ich mit mir umgehe ...
An diesem Punkt meiner Überlegungen konnte ich mir mein zickiges Auftreten erklären, es verstehen, mir meine selbst auferlegte Schuld vergeben und endlich wieder tief und frei atmen. Ich öffnete mich meiner Umgebung, fühlte Dankbarkeitswellen für die schöne Natur und genoß sie. Dabei fiel mein Blick auf das dunkle Wasser des 'Tümpels'. Ich traute meinen Augen kaum, als ich den mit Bauch nach oben treibenden Frosch erblickte. Niemals zuvor ist mir ein solch großer und wunderschöner Frosch begegnet! Seine Unterseite war ein mit viel weiß erhelltes Grün und der Kopf leuchtete in einem vollkommenen, frischen Maigrün. Der Frosch lies sich vom Wind in vollendeter Entspannung durch das Wasser "wehen".
Ohne Unterbrechung schaute ich bestimmt eine halbe Stunde seinem Treiben zu. Mit jeder Minute entspannte ich mich mehr und mehr. Immer wieder zeigte mir der Frosch, dass noch mehr Entspannung in mir möglich ist. Als mein zu dieser Zeit maximaler Entspannungspunkt erreicht war, krabbelte eine Fliege über dessen Gesicht. Dies fand ich doch höchst befremdlich, denn Frösche fressen doch Fliegen? In mir keimte der Gedanke auf "der ist Tot ... Du meine Güte, jetzt wo ich wahrhaft leben will nehme ich mir als Vorbild einen toten Frosch!!!". Das durfte nicht sein. Hatte ich immer noch nicht begriffen? Hatte mich mein Ego wieder verarscht? Das mußte ich prüfen - unbedingt!
Ich rupfte ein gelbes Blümchen ab und warf es nach dem Frosch mit der Absicht ihn nicht zu erschrecken *kicher*. Der Frosch trieb unverändert reglos auf dem 'Tümpel' dahin. Dann lief ich direkt zum Einstiegsbereich und verursachte mit meinem Fuß heftige Wellen. In meiner Vorstellung waren diese Wellen stark genug, um jedes 'wilde' Tier zu einer Flucht anzuregen - nicht so der Frosch!
Der Frosch lag vollendet entspannt im Wasser, teilweise schaukelte er heftig in den von mir ausgelösten Wellen. Damit war mir klar, dass dieses herrliche Tier tot sein mußte. Sofort änderte sich auch meine Wahrnehmung. Der anfangs wohl genährte Kugelbauch wirkte nun aufgebläht - ein weiteres Indiz für den Tot des Tieres. Mann, ist es möglich sich so zu entspannen, dass man dabei 'den Löffel' abgibt?
Da ich gerade ein Seminar für Psycho-Spirituelle Kinesiologie besuchte, erzählte ich ziemlich bewegt in der Feedback-Runde von meinem Froscherlebnis. Als ich an der Stelle ankam, dass der Frosch meiner Meinung nach tot sein müsse, denn wer kann schon sooo entspannt leben? - meldete sich eine der Kursteilnehmerinnen mit dem Ausruf "oh ja, dem bin ich letztens auch begegnet. Der lebt! Kannst ja nachher nochmals hingehen, Du wirst sehen, er ist nicht mehr da.".
Ja, und genau so war es ...
Durch die Begegnung mit diesem Frosch habe ich auf unterschiedlichsten Ebenen erfahren was Entspannung, 'geschehen lassen' und loslassen ist, und wie sie sich ausdrückt: das reaktionsfreie Verschmelzen mit allem, was um mich herum passiert.
Mann, habe ich noch viel zu lernen...
Herzlichst
Brigitte