Ohne die überwältigenden
Emotionen, kann ich mit der Analyse beginnen:
- Bisher war es immer so, dass
meine Eltern nicht auf mich und meine Wünsche eingehen, sondern mir
Ihre Sichtweisen und Riten aufdrängen.
- Da alles Kämpfen bisher
fruchtlos war, habe ich resigniert und vermeide diese Situation.
- Meine Freunde respektieren
meine Wünsche und als Gastgeberin habe ich die Gestaltungsmacht. Doch
mir graut vor den Folgen der Überanstrengung. Also werde ich gar nicht
feiern, oder? Doch, denn sonst werde ich traurig.
- Welche Alternativen hätte
ich? Miteinander frühstücken! Ein friedvoller Weg, ihren Riten (Ihnen
die Gelegenheit zum Gratulieren geben und gemeinsam meinen Geburtstag
eine Stunde lang wichtig nehmen) zu entsprechen und mich gleichzeitig
vor enttäuschten Erwartungen (es heißt Geburtstag und nicht
Geburtsstunde!) und Überanstrengung (Gäste bewirten und unterhalten) zu
schützen - ein guter Plan.
Ich stellte mir das
Geburtstags-Frühstück vor und da kam mir die Idee zur Freude meiner
Eltern einen Kuchen zu backen, den es schon sehr lange nicht mehr zu
Essen gab.
Das teilte ich beiden bei der
nächsten passenden Gelegenheit mit. Aus Ihrer Freude wollte ich meine
Motivation und die Kraft für das Backen ziehen. Mir fiel auf, dass ich
meinen 'Geburtstags-Schmerz' total außen vor lies. Also hatte ich wohl,
von mir unbemerkt, meinem Vater verziehen?
Zu meiner Überraschung und
großen Freude fragte mich just bei diesem Gedanken meine Mutter, was
ich mir denn zum Geburtstag wünschen würde. Oh ja, ich hatte Wünsche
und hätte diese gerne mitgeteilt, doch warnende Gedanken teilten mir
mit, dass
da was nicht stimmen kann (i.S.v. 'zu schön, um wahr zu sein') und
erinnerten mich an die zu erwartenden Enttäuschungen. Mir verschlug es
die Sprache und ich konnte die Frage erst einmal nicht beantworten.
Während ich um Worte rang,
ergriff mein Vater zu seiner Frau gewandt das Wort mit der Aussage "Du
hast doch am Sonntag Geburtstag.". Meine Mutter teilte ihm mit, dass es
jetzt nicht um ihren Geburtstag (eine Woche später), sondern um den
meinen gehen würde. Doch er ließ sich nicht beirren und zählte Termine
und sonstige Informationen auf, die allesamt nichts mit mir zu tun
hatten.
Die Wirkung seiner
Abgewandtheit und Wortwahl auf mich war ungeheuerlich. Meine
Kindheitswunden brachen auf und überwältigten mich schlagartig mit
Erinnerungen. Alle meine Sehnsüchte nach der Liebe und Aufmerksamkeit
meines Vaters, alle Zurückweisungen weil anderes wichtiger war, stets
die Zuwendung und Zustimmung meiner Mutter zum Ehemann, trotz meines
Bettelns und alle Enttäuschungen weil meine Bedürfnisse nicht erfüllt
wurden, standen in mir auf und entfachten ein loderndes Feuer der Wut
in
mir.
Meine Sprache war schlagartig
wieder da und die über Jahre angestauten Emotionen platzten aus mir
heraus. Worte wie unsensibel, fehlende Aufmerksamkeit und Verhalten wie
ein Stoffel verließen meinen Mund.
Mein Vater, mal wieder total
überrascht von meinem Angriff, flüchtete sich in seine Unschuld und
verteidigte diese so gut er konnte. Worte wie "Du bist ja eine Göttin,
die niemals fehlt" verließen unter anderem seinen Mund *wow!*. Dann kam
die übliche Verurteilung meiner Aggressivität mit dem Hinweis was wohl
passieren würde, wäre er weniger sanftmütig, kombiniert mit der
Warnung,
dass gesagte Worte nicht mehr zurückgenommen werden könnten...
Dann wendete er sich seiner
Frau zu und begann ein Gespräch, als sei nichts gewesen.
Ich stand da, fassungslos das
Gespräch meiner Eltern beobachtend und mit sehr vertrauten Gefühlen von
ignoriert werden und total alleine gelassen sein...
Ich verließ den Raum und flüchtete in mein Zimmer. Mir waren in diesem
Moment zwei Dinge
glasklar. 1. für was für einen Riesen-Arsch ich meinen Vater hielt und
2. wie hilflos ich mir mal wieder vorkam...
Um mir zu helfen rief ich die
einzige Freundin an, von der ich sicher ausgehen konnte, umgehend Trost
zu erfahren. Den brauchte ich jetzt mehr, als alles andere. Und, ich
bekam ihn und auch noch ganz genau so, wie ich ihn brauchte. Um mich zu
stabilisieren erzählte ich kurz was los war und das Verständnis heilte
die gröbsten Zerstörungen, welche meine ohnmächtige Wut in mir
angerichtet hatten. Ja, in mir, denn ich hatte mal wieder den Großteil
der zerstörerischen Energien 'auf mich gerichtet'.
Später am Tag fand ich einen
Notiz-Zettel auf den mein Vater mir schrieb:
"Liebe Brigitte,
ich hab Dich lieb.
Danke dass Du hier bist.
Dein Vater"
Diese Worte rührten mich
zutiefst an und halfen mir, den brennenden Hass, der schreiend in mir
nach Vergeltung verlangte, aufzulösen. Ich nahm einen Zettel und
schrieb die gleichen Worte darauf und wählte als Verzierung ein Herz.
Sonst reflektiere ich die
Situation, um die Schmerzen zu verarbeiten, beschreibe sie, um den
Perspektivenwechsel zu vollziehen und in die schmerzfreie Klarheit zu
gehen. Diesmal erlaubte ich mir bewusst den Rückzug von all dem. Ich
lenkte mich zwei Tage lang mit Filmen ab und nur ganz selten fühlte ich
in mich hinein, um zu erfahren, welches Ziel denn zu verfolgen sei.
Dieses mal wollte ich mir unbedingt treu sein. Dieses mal wollte ich
weder brav, noch vergebend, noch nett sein, sondern einfach ich - echt
und wahrhaftig, ohne Anpassung an irgend einen Zwang, oder einem Ideal.
Immer wieder erkannte ich das
zornige Kind in mir, das fordernd auf die Eltern zugeht. Das
Versprechen einfordert und kämpft, immer wieder und wieder und wieder,
um alles mögliche kämpft...
Nun fühle ich Bereitschaft,
jetzt will ich mir helfen, weiß aber nicht wie und fühle heftige
Verzweiflung in mir aufsteigen. Da ist er, der Moment meinem Inneren
Kind zuzuhören: