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Pflanzen

Meine Schnitt-Tulpen haben mich heute wieder mit einem 'anderen Bild' begrüßt. Mal senkt sich die eine ab, oder ist wieder kerzengerade, mal bilden andere eine Gruppe *hihih* - deshalb möchte ich jetzt und hier zwei wunderliche und augenscheinliche (d.h. mit physisch erkennbarer Reaktion)
Geschichten über 'meine' Pflanzen mit Dir teilen...

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Der Feigenbaum (etwa 2001-2004/2005)
Auf dem Mannheimer Wochenmarkt erstand ich einen wirklich wunderschönen Feigenbaum. Alles an ihm war 'wohlgeraten'. Ich pflanzte ihn in einen großen Terrassenkübel und stellte ihn in die Ecke an meiner Wohnzimmer-Terrassentür.

Er wuchs und gedieh prachtvoll. Ich saß gerne 'unter' ihm auf einem Hocker und ich freute mich schon sehr auf seine Früchte.

Doch was war das? Er bildete stets Fruchtansätze aus, die gelb wurden und abfielen - Jahr um Jahr ...

Ich begann mit ihm zu schimpfen, schließlich hatte ich ihn gekauft, weil ich so gerne Feigen esse.

Die nächsten Fruchtansätze (sie entstanden immer an den Astspitzen) wurden gelb und fielen ab...

Jetzt drohte ich ihm, ihn dem nächstbesten Besucher mitzugeben, der Interesse an ihm zeige (er hat oft bewundernde Blicke und Worte von Besuchern erhalten...).

Zu dieser Zeit lernte ich meinen Selbsthass 'sehen' und entschied mich dafür, künftig Selbstliebe lernen und leben zu wollen.

Mir fiel auf, dass nicht ein Besucher Interesse an ihm zeigte und ich überlegte schon, wo ich ihn hingeben könnte...

Dann erfuhr ich die erste Woge von Selbstliebe in mir. Boah, war die monströs... ich schnellte von meinem Bett hoch und rannte förmlich hinaus zu meinem Feigenbaum.

Ich hatte begriffen - und es konnte mir gar nicht schnell genug gehen einem (wie ich damals) von mir ungeliebten Wesen Abbitte zu leisten...

Ich stellte mich vor ihn (er überragte mich schon - prachtvoll wie immer), begann seinen Stamm und Äste zu streicheln und sagte ihm:
"Du Lieber, verzeih mir meine Worte. Von heute an will ich mich an Deiner Schönheit freuen und es genießen einfach unter Dir zu sitzen (hier begannen meine Tränen zu fließen). Ich höre damit auf, von Dir etwas zu fordern, nur weil ich es haben will. Statt dessen soll mich Deine Schönheit erfüllen und mir die Ruhe schenken, in Deinem Schatten zu verweilen."

Keine Woche später beobachtete ich, wie überall (selbst direkt an den Ästen heraus) so viele Fruchtansätze wie noch nie entstanden.

Ich transformierte viele unterschiedlichste Gefühle, so sanft und rücksichtsvoll wie es mir damals möglich war (also mit der Dampfhammer-Methode *kicher*).

Ich konnte es lange nicht glauben - für mich war das ein Wunder! - mein Feigenbaum schenkte mir wohlschmeckende Früchte bis in den Dezember!
Sie waren gelb - obwohl ich einen mit lila Früchten gekauft hatte....

*kicher* mit den Augen meiner Phantasie betrachtet (? vielleicht ist es so?), kommt es mir jetzt gerade so vor, als ob in den Feigenbaum ein 'Walk-In' eingetreten wäre. Für mich war dieses Erlebnis damals eine von vielen wichtigen Hilfestellungen bei meinen höchst angezweifelten Schritten auf meinem (neuen) Weg in die Eigenliebe...

Er schenkte mir die ersten Tropfen auf meine steinerne Kruste, um mich der Erkenntnis zu öffnen, dass alles, was mich umgibt mir dient...

Heute lebt 'mein' Feigenbaum als Blickfang und zur Freude seines 'Besitzers' vor einem Haus - auch dieser hat wundervolle Geschichten über ihn zu erzählen...

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Die Oma-Pflanze (2012)
Meine Zimmerpflanzen tragen fast alle einen Namen, weil sie für etwas, oder jemand 'stehen'. Sie begleiten mich schon viele Jahre, wie z.B. meine Hochzeitspalme usw.
Also, diese Geschichte 
(die bemerkenswerteste von vielen mit diesem Wesen) dreht sich um meine Oma-Pflanze.

Als ich sie zu mir holte, hatte sie grüne und hellgrün gestreifte Blätter. Ich fragte sie, ob sie bei mir und mit mir leben wolle und sie 'nickte'.

Die Jahre gingen ins Land. Sie gehörte nicht zu meinen Lieblingen. Das bedeutet, ich sprach nicht so oft mit ihr, wie mit z.B. mit meinen Tempelbaum...

Irgendwann fiel mir auf, dass sie nur noch grüne Blätter hatte. Das bedauerte ich sehr, weil ich unterschiedliche Grüntöne super finde und liebe.

In einer Zeit heftigster Transformation unterstützte mich mein Tempelbaum so intensiv, dass er klebrige Tropfen absonderte. Deshalb habe ich ihn und alle ihn umgebende Pflanzen mal in die Badewanne gestellt und abgeduscht.

Da es sehr große Pflanzen sind und entsprechend schwer, habe ich die Oma-Pflanze erst mal nicht zu der Badewanne getragen.
Ich versprach ihr dies am nächsten Tag, wenn ich wieder Kraft hätte, nachzuholen.

Bei dieser Gelegenheit fühlte ich ihren Kummer, dass sie eher selten Teil meiner Aufmerksamkeit sei, und ich nahm ihren Schmerz wahr.
Ich schwor mir auf jeden Fall am nächsten Tag die Kraft zu haben sie zu duschen und sagte ihr bei dieser Gelegenheit, dass ich die hellgrünen Effekte auf ihren Blättern vermisse...

Und, ich hatte die Kraft.

Beim Duschen erklärte ich ihr, dass ich sie sehr lieb habe und dass es eines von vielen menschlichen Eigenarten wäre, dass es Lieblinge gibt. Ich vermittelte ihr, dass ich z.B. die Blüten meines Tempelbaumes wegen ihres Duftes und ihrer Form so mag und so weiter...

Die nächsten Blätter, die Oma ausbildete hatten die schönsten hellgrünen Muster die ich je an dieser Art Pflanze bemerkt habe.

Heute (jetzt während ich dies schreibe) sind alle gemusterten Blätter in meinem Sichtfeld *lächel*, eingerahmt von vielen grünen. Ich habe Oma einige Glitzer-Schmetterlinge verpasst, um ihr gegenüber meine Verbundenheit auszudrücken - und so habe ich viele Gründe, sie oft anzuschauen und mich an ihr zu freuen...

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Viele solcher Geschichten habe ich erlebt, manche davon habe ich aufgeschrieben (siehe z.B. Steine, Käfer, Frosch, Trost). Alle haben einen Tropfen auf meine Steinkruste fallen lassen, so dass sie heute nicht länger existiert. Die Erkenntnis ist tief in mir verankert: alles was mich umgibt dient mir und ich diene allem was mich umgibt...


In herzlicher Verbundenheit
Brigitte
 CH'AN*KA*RII